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Was taugen PK-Ratings für die Wahl der Vorsorgeeinrichtung?
Dossier Altersvorsorge 
Blickpunkt KMU 01-2019
Was taugen PK-Ratings für die Wahl der Vorsorgeeinrichtung?
Im Juni ist das Pensionskassen-Rating von Weibel Hess & Partner AG im Auftrag von Tamedia erschienen, welches Sammelstiftungen anhand von verschiedenen Kennzahlen miteinander vergleicht. Nachfolgend soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit solche Ratings den KMU bei der Wahl der Vorsorgeeinrichtung helfen können.
AUTORIN PROF. DR. YVONNE SEILER ZIMMERMANN
Das Pensionskassen-Rating zeigt: Sieger sind dieses Jahr ASGA, Basler, Profond Vorsorgeeinrichtung, Allianz Suisse, Nest Sammelstiftung, Swiss Llife, Spida Personalvorsorge, Liberty 1e Flex Investstiftung. Das ist jedoch nicht die Reihenfolge der besten Vorsorgeeinrichtungen, sondern die Sieger der jeweiligen Kategorien «für die tiefsten Risiko- und Verwaltungskosten», «für die höchste Verzinsung über zehn Jahre», «für die beste Anlagerendite über zehn Jahre», «für die effizienteste Verwaltung», «Nachhaltigkeit bei Kapitalanlagen» und «für die kostengünstigste 1e-Vorsorgelösungen». Es gibt somit nicht den Sieger, welcher über alle Kategorien herausschwingt. Vielmehr hat in jeder Kategorie eine andere Vorsorgeeinrichtung die Nase vorn. Deshalb ist es für Versicherte wichtig zu wissen, welches Kriterium für ihn oder sie bei der Auswahl der Vorsorgeeinrichtung am wichtigsten ist.
Des Weiteren fällt auf, dass neben den Kategorien auch nach dem Versicherungsmodell unterschieden wird, nämlich nach «teilautonomen Gemeinschafts- und Sammelstiftungen» sowie «Vollversicherungen» (siehe Abbildung). Nachfolgend soll darauf eingegangen werden, weshalb einerseits zwischen Vorsorgemodellen unterschieden und nach verschiedenen Kategorien differenziert wird.
 Es gibt nicht den Sieger, welcher über alle Kategorien herausschwingt. Vielmehr hat in jeder Kategorie eine andere Vorsorgeeinrichtung die Nase vorn.
Vollversicherung versus Gemeinschafts- und Sammelstiftung
Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, für ihre Mitarbeitenden eine berufliche Vorsorgelösung abzuschliessen. Prinzipiell können Unternehmungen zwischen drei Vorsorgemodellen wählen: «autonom», «teilautonom» und «vollversichert». Je nach Modell stehen vereinfacht folgende Vorsorgelösungen zur Auswahl: vollversicherte Sammelstiftungen eines Lebensversicherers (Vollversicherungen), autonome oder teilautonome Gemeinschafts- und Sammelstiftungen und firmeneigene Vorsorgeeinrichtungen.[1] KMU verfügen meist nicht über die nötige Grösse und die Ressourcen für eine firmeneigene Vorsorgelösung. Sie haben somit faktisch die Wahl zwischen Vollversicherung und Gemeinschafts- oder Sammelstiftungen. Gemäss einer Studie aus dem Jahr 2015 wählen die meisten KMU eine Vollversicherung (44%) oder eine Vorsorgelösung bei einer Sammelstiftung (33%). [2]
Doch was ist der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Modellen? Bei einer Vollversicherung werden alle Risiken durch die Versicherung abgedeckt – insbesondere auch das Anlagerisiko. Ein KMU mit einer Vollversicherung muss somit nie damit rechnen, dass es sich beispielsweise aufgrund einer Unterdeckung der Vorsorgeeinrichtung an der Sanierung beteiligen muss. Ein Anschluss an eine Gemeinschafts- oder Sammelstiftung schaltet dieses Risiko nicht aus. Der grosse Vorteil von Vollversicherungslösungen ist somit die Garantie der Vorsorgeleistungen, ohne eine mögliche Verpflichtung für Nachschusszahlungen zu leisten. Dies gibt den KMU finanzielle Sicherheit. Aus der oben genannten Studie geht hervor, dass das Sicherheitsbedürfnis der KMU generell hoch ist. Zudem geben 30% der Firmen an, dass sie in einem Sanierungsfall nicht über genügend zusätzliche Mittel verfügen würden. Vollversicherungen haben aber auch einen Nachteil: Da sie für ihre Versicherten sämtliche Risiken übernehmen, sind sie gegenüber Gemeinschafts- und Sammelstiftungen viel teurer, insbesondere auch im Verhältnis zu den Leistungen. Das ist der Hauptgrund, weshalb im Pensionskassen-Rating von Weibel Hess & Partner AG diese beiden Versicherungsmodelle separat betrachtet werden.
 Weshalb differenziert das Rating zwischen den Kategorien?
Es konnte nun geklärt werden, weshalb im Rating zwischen den Versicherungsmodellen «Vollversicherungen» und «Gemeinschafts- und Sammelstiftungen» unterschieden werden muss. Nun steht noch die Frage im Raum, weshalb zwischen Kategorien unterschieden wird. Nachfolgend soll darauf eingegangen werden.
Bei der Wahl einer Vorsorgeeinrichtung ist insbesondere von Interesse, welches die Leistungen der jeweiligen Kassen sind. Angaben dazu sind im Rating unter der Kategorie «höchste Verzinsung über zehn Jahre» zu finden. Hier wird diejenige Kasse als Sieger ausgewiesen, welche das einbezahlte Vorsorgekapital der jeweiligen Versicherten am höchsten verzinst. Die Kassen sind hier jedoch nicht völlig frei. Vielmehr sind sie an die Mindestvorgaben des BVG gebunden. Gelder, welche im Obligatorium versichert sind – das sind derzeit Löhne zwischen 21 150 (minimaler Jahreslohn) und 84 600 Franken – müssen beispielsweise im Jahre 2017 mit einem Mindestzinssatz von 1% verzinst werden. Frei sind dagegen Kassen bei der Verzinsung im Überobligatorium. Da viele Kassen gleichzeitig Gelder im Obligatorium wie auch im Überobligatorium versichern, weisen die meisten von ihnen die beiden Zinssätze nicht separat aus, sondern zusammen als ein einziger Zinssatz. Gemäss Pensionskassenvergleich 2018 liegt dieser Zinssatz der analysierten Vorsorgeeinrichtungen 2017 zwischen 0,9% und 3,5%.
Genau wie der Mindestzinssatz ist im Obligatorium auch der Umwandlungssatz – die zweite wichtige Grösse bei der Leistungsbeurteilung – vorgeschrieben. Der Umwandlungssatz gibt an, mit welchem Prozentsatz das Vorsorgekapital bei Renteneintritt verrentet wird. Die Kassen haben wiederum nur Spielraum im Überobligatorium. Im Obligatorium ist der vorgeschriebene Umwandlungssatz derzeit 6,8%. Bei den analysierten Vorsorgeeinrichtungen im Pensionskassenvergleich 2018 liegt dieser zwischen 5,6% und 6,68% (für Kassen mit einem BVG-Anteil von 20%) bzw. 5,28% und 6,8% (für Kassen mit einem BVG-Anteil von 80%).
Sind nun Vorsorgeeinrichtungen, welche hohe Leistungen erbringen, solchen mit tieferen vorzuziehen? Die Antwort ist nein. Denn die Leistungen, welche versprochen werden, müssen am Kapitalmarkt zuerst verdient werden. Selbst die Vorgaben des BVG sind im heutigen Marktumfeld tiefer Zinsen kaum zu erfüllen. Werden von einer Kasse beispielsweise 3,5% Zinsen auf das Alterskapital gutgeschrieben, muss die Vorsorgeeinrichtung mit ihren Investitionen am Kapitalmarkt zunächst eine Rendite in diesem Umfang erwirtschaften können – und zwar mit Sicherheit, weil sie sich verpflichtet hat, die Gutschrift unabhängig von der Entwicklung der Kapitalmarktrenditen zu tätigen. Die Zinssätze risikoloser Anlagen wie Bundesanleihen sind aber derzeit negativ. Kassen mit hohen Leistungsversprechen müssen somit höhere Anlagerisiken eingehen. Denn nur mit höheren Risiken können höhere Renditen erwartet werden. Das Eingehen von Risiken ist jedoch kostspielig: Es müssen höhere Reservenzuweisungen getätigt werden; zudem steigt das Risiko für die Versicherten, mögliche Sanierungszahlungen leisten zu müssen. Werden zudem noch hohe Umwandlungssätze versprochen, kommt es unweigerlich zu Umverteilungseffekten zwischen Jung zu Alt. Kassen mit hohen Leistungen verlangen von den Versicherten tendenziell höhere Prämien. Ein Blick auf die Siegertabelle des Pensionskassen-Ratings (siehe Abbildung) bestätigt dies. Kassen mit tiefen Risiko- und Verwaltungskosten sind nicht gleichzeitig auch Sieger in der Kategorie «für die höchste Verzinsung über zehn Jahre».
 «Höhere Leistungen gibt es nur mit höheren Kosten.»
Angebote zu vergleichen lohnt sich
Was sind nun die Schlussfolgerungen aus diesen Erkenntnissen für die Wahl von KMU für ihre Vorsorgeeinrichtung? Es wurde gezeigt, dass höhere Leistungen nur mit höheren Kosten möglich sind, und dass es somit ein Trade-off zwischen Leistung und Prämie gibt. Ist es somit egal, welche Vorsorgeeinrichtung ein KMU wählt? Diese Schlussfolgerung ist natürlich falsch. Denn es ist durchaus möglich, dass Vorsorgeeinrichtungen mit identischen Leistungen trotzdem unterschiedliche Konditionen anbieten. Der Hauptgrund liegt in den unterschiedlichen Kassenstrukturen. Eine Kasse mit jüngeren Versicherten kann attraktivere Angebote im Sinne einer Kosten-Leistungs-Relation gewähren als Kassen mit älteren Versicherten. Gewährt eine Kasse beispielsweise einen hohen Umwandlungssatz, wird dieser für alle Versicherten, welche in Rente gehen, sofort angewendet und die Vorsorgeeinrichtung muss diese hohen Renten bis ans Lebensende der Versicherten zahlen.
 «Kassen mit hohen Leistungen verlangen von den Versicherten tendenziell höhere Prämien.»
 Für alle aktiven Versicherten wird dieser hohe Umwandlungssatz dagegen nur in Aussicht gestellt, aber nicht garantiert. Besteht nun eine Kasse aus mehrheitlich älteren Personen, müssen die hohen Renten von wenig Jungen getragen werden. Bei einer jüngeren Kasse werden dagegen die hohen Renten weniger Rentner auf viele, jüngere Versicherte verteilt. Letztere Vorsorgeeinrichtung kann somit attraktivere Konditionen anbieten. Es erstaunt daher auch nicht, dass umgekehrt KMU mit hauptsächlich jüngeren Mitarbeitenden von den einzelnen Vorsorgeeinrichtungen tendenziell attraktivere Konditionen erhalten als KMU mit älteren Mitarbeitenden. Ein weiterer Grund für die unterschiedlichen Konditionen liegt auch in der Zusammensetzung der Löhne, welche eine Vorsorgeeinrichtung versichert. Sind in einer Kasse mehrheitlich Löhne im Obligatorium versichert, hat diese Kasse aufgrund der gesetzlichen Vorgaben bezüglich Mindestverzinsung und Umwandlungssatz weniger Handlungsspielraum als eine Kasse, die einen hohen Anteil im Überobligatorium versichert. Dieser Handlungsspielraum führt allerdings zu Umverteilungseffekten zwischen Überobligatorium und Obligatorium.
 Es kann somit die Schlussfolgerung gezogen werden, dass es sich für ein KMU lohnt, periodisch immer wieder bei verschiedenen Vorsorgeeinrichtungen Offerten einzuholen und zu vergleichen. Pensionskassen-Ratings erübrigen diesen Vergleich keinesfalls. Der Hauptnutzen von Pensionskassen-Ratings besteht insbesondere darin, dass sie einen Überblick im Dschungel der verschiedenen Kennzahlen der Vorsorgeeinrichtungen geben und zur Transparenz beitragen.
AUTORIN
Yvonne Seiler Zimmermann ist Professorin am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Sie lehrt und forscht im Bereich Finance. Sie hat an der Universität Bern Wirtschaftswissenschaften studiert und an der Universität Basel promoviert. Während des Doktorandenstudiums erlangte sie zudem das Certifcate of Econometrics der Universität Chicago, USA. yvonne.seiler@hslu.ch, www.hslu.ch
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 FUSSNOTEN
[1] Natürlich besteht auch die Möglichkeit sich einer Auffangeinrichtung anzuschliessen. Diese Lösung wird aber meist nur gewählt, wenn keine andere Vorsorgelösung gefunden werden kann.
[2] Vgl. Seiler Zimmermann, Y., M. D., Aepli: «Die berufliche Vorsorge aus Sicht der KMU», 2015, IFZ Zug. Die Studie kann unter folgendem Link heruntergeladen werden: https://www.sgv-usam.ch/fileadmin/user_upload/deutsch/2015/varia/20151105_svv-studie_berufl-vorsorge-kmu_de.pdf
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