|
Accueil > Schutz der Menschenrechte: eine lohnende Investition für KMU
Schutz der Menschenrechte: eine lohnende Investition für KMU
Expertenwissen 
Blickpunkt KMU 01-2019 Théo Martin
Schutz der Menschenrechte: eine lohnende Investition für KMU
Schweizer Firmen sollen Menschenrechte im In- und Ausland achten – das will der Nationale Aktionsplan für Unternehmen und Menschenrechte des Bundesrats. Für kleine und mittlere Unternehmen steht der Schutz der Menschenrechte oft nicht an erster Stelle, obschon sich die Achtung der Menschenrechte für sie lohnen würde.
AUTORIN VALÉRIE BERSET BIRCHER
Der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) enthält 50 politische Instrumente, mit denen die Schweiz die UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte von 2011 umsetzen will. Sie setzt dabei auf nicht verbindliche Massnahmen und fördert konkrete Umsetzungsinstrumente. Zudem sieht der Aktionsplan Anreize für Schweizer Unternehmen vor und fordert sie auf, Menschenrechte insbesondere bei ihren Aktivitäten im Ausland zu respektieren.
Menschenrechte geniessen gerade bei kleinen und mittlere Unternehmen (KMU) nicht höchste Priorität. Das liegt unter anderem daran, dass die Normen und Richtlinien internationaler Organisationen oft zu komplex und nicht den Bedürfnissen der KMU angepasst sind. Der Bund will dies ändern und die Umsetzungsinstrumente einfacher fassbar und verständlich machen. Er erarbeitet aktuell eine Broschüre, welche aufzeigt, wie KMU von der Menschenrechtsthematik betroffen sein können und wie die menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung umgesetzt wird. Die Broschüre soll den KMU den Einstieg in die Thematik massgeblich erleichtern. Zudem werden seit Juni 2018 Workshops angeboten, welche sich spezifisch an KMU richten (vgl. Kasten). Diese Workshops werden in Zusammenarbeit mit den kantonalen Handelskammern und Branchenverbänden organisiert.

Die Broschüre soll den KMU den Einstieg in die Thematik massgeblich erleichtern.
Die globalisierte Lieferkette – eine Herausforderung
Unternehmen können durch ihre Geschäftsbeziehungen in Menschenrechtsmissbräuche im Ausland verwickelt werden. Vor diesem Hintergrund sollen Unternehmen eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchführen. Dabei sollten Unternehmen die Risiken ihrer Aktivitäten in Bezug auf Menschenrechte identifizieren und Massnahmen ergreifen, um potenziell nachteilige Auswirkungen auf Menschenrechte zu verhindern. Die Effekte dieser Massnahmen müssen laufend beobachtet werden, weil sich die Situation der Lieferanten, der Geschäftspartner, der Länder und der Sektoren kontinuierlich verändert. Die Sorgfaltsprüfung sollte nebst den eigenen Aktivitäten auch die direkte Lieferkette und andere Geschäftspartner betreffen. Die Einführung einer gebührenden Sorgfalt bedeutet nicht notwendigerweise mehr Arbeit, denn häufig kennen die KMU ihre Lieferanten und ihre Geschäftsbeziehungen gut. Schweizer Unternehmen besitzen hierzulande hohe Standards etwa in den Bereichen Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz und Verbot der Diskriminierung.
Viele KMU verfügen bereits über Geschäftsmodelle, welche aus sozialer und ökologischer Sicht verantwortungsvoll sind. Für die Anwendung einer gebührenden Sorgfalt im Umgang mit Menschenrechten können sich KMU auf ihre existierenden Prozesse wie interne Kontrollsysteme, Risikoanalysen oder Beschaffungspraxis stützen. Das Ausmass der Sorgfaltsprüfung hängt von der Grösse des Unternehmens, der Art der Unternehmensaktivität und der geographischen Region ab, in welcher die unternehmerischen Aktivitäten stattfinden.
Nützlich sind in diesem Zusammenhang die von der OECD veröffentlichten Leitfäden zur Sorgfaltsprüfung in der Wertschöpfungskette für alle und spezifische Branchen (z.B. Rohstoff-, Landwirtschafts-, Textil- oder Finanzsektor, die konkrete Empfehlungen und praktische Beispiele enthalten; für mehr Informationen vgl. www.csr.admin.ch). Die Leitfäden wurden von 48 Staaten in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen entwickelt und sind international massgebend.

Viele KMU verfügen bereits über Geschäftsmodelle, welche aus sozialer und ökologischer Sicht verantwortungsvoll sind.
 Erste Fortschritte bei Unternehmen
Sowohl grosse Unternehmen wie auch KMU sind sich bewusst, dass die Achtung der Menschenrechte strategische Vorteile bietet: Das Risikomanagement wird allgemein verbessert, weil durch eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung neue Risiken im Zusammenhang mit Produkten und Dienstleistungen frühzeitig erkannt werden können. Lieferausfälle werden vermindert und die Produktivität gesteigert. Des Weiteren trägt die Sorgfaltsprüfung zum Schutz der Unternehmensreputation bei. Tatsächlich erwarten Investoren, Regierungen, Kunden und Verbraucher vermehrt, dass die Unternehmen (inklusive KMU) ihre Auswirkungen auf die Menschenrechte kennen und vorsorgliche Massnahmen treffen, um diese Menschenrechtsmissbräuche möglichst gering zu halten.
Deshalb veröffentlichen viele Unternehmen Grundsatzerklärungen zu den Menschenrechten oder zur Corporate Social Responsibility oder sie verfügen über einen Verhaltenskodex für Lieferanten.
Risiken je nach Sektoren unterschiedlich
Es gibt Sektoren, die stärker von potenziellen Menschenrechtsverletzungen betroffen sind als andere. Vor allem der Rohstoffsektor steht in Bezug auf die Menschenrechte in den Exportländern vor ernsthaften Herausforderungen. Die Schweiz gehört zu den weltweit wichtigsten Orten des Rohstoffhandels. Deshalb erarbeitete der Bund in Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessensgruppen (Kantone, NGOs und Privatsektor) einen Leitfaden für die Umsetzung von guten Praktiken im Rohstoffhandel.[1] Der Leitfaden zeigt auf, was von den Handelsunternehmen in Bezug auf die Achtung der Menschenrechte erwartet wird und gibt praktische Ratschläge, um die gebührende menschenrechtliche Sorgfalt in der gesamten Wertschöpfungskette umzusetzen.
Neben dem Rohstoffsektor sind weitere Branchen mit Menschenrechtsrisiken behaftet. Deshalb erwartet der Bundesrat von allen Schweizer Unternehmen, dass sie ihre menschenrechtliche Verantwortung gebührend wahrnehmen, ungeachtet ihrer Grösse, Tätigkeit oder Branche. Dies lohnt sich nicht zu Letzt für sie selber.
Valérie Berset Bircher, Botschafterin Internationale Arbeitsfragen, SECO
[1] https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/seco/nsb-news/medienmitteilungen-2018.msg-id-73145.html
PRAKTISCHE HILFSMITTEL FÜR KMU
Auf der neuen Internetseite des Bundes www.nap-bhr.admin.ch finden Unternehmen viele nützliche Informationen zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte, wie Workshops, Anleitungen für die menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung, Brancheninitiativen sowie anschauliche Praxisbeispiele.
|